Hartmut Michel

Structure and Function of a Biological Light Energy Converter (German Presentation)

Category: Lectures

Date: 3 July 1989

Duration: 38 min

Quality: HD MD SD

Subtitles: DE

Hartmut Michel (1989) - Structure and Function of a Biological Light Energy Converter (German Presentation)

Verehrte Gräfin Bernadotte, sehr geehrte Herren Minister, sehr geehrte Ehrengäste, liebe Kollegen, liebe Studenten, meine Damen und Herren, es ist mir natürlich ein besonderes Vergnügen, hier an dieser Stelle zu Ihnen sprechen zu dürfen und sollte vielleicht vorausschicken, die Ehre, die mir widerfahren ist, ist eigentlich noch nicht in die tieferen oder höheren Sphären meines Bewusstseins durchgedrungen. Sie können mich deshalb weiterhin als ganz normalen Wissenschaftler ansehen. Ich möchte Ihnen während meines Vortrags über die Hintergründe und die Methoden der Membranproteinen-Kristallisation berichten, Sie kurz in die Funktion des Komplexes einführen, Details davon werden Sie im Vortrag von Herrn Deisenhofer hören, und ich werde dann auch allgemein über die Bedeutung von Membranproteinen referieren. Wenn man als Wissenschaftler daran interessiert ist, die Funktion und die Wirkungsweise eines Proteins zu verstehen, ist man darauf angewiesen, die Struktur dieser Proteine zu ergründen. Die einzige Methode, mit der man die Struktur großer Moleküle ermitteln kann, ist immer noch die Röntgenstrukturanalyse. Röntgenstrukturanalyse bedeutet, man muss zunächst Kristalle machen, und das Hauptgebiet, auf dem Kristalle nicht verfügbar waren bis vor kurzem, war das Gebiet der Membranproteine. Dass das Gebiet der Membranproteine nicht ein unerhebliches Gebiet ist, möchte ich Ihnen anhand des ersten Dias erläutern. Membranproteine trennen zunächst mal den belebten Raum von der unbelebten Welt ab und katalysieren über die Membran den spezifischen Transport von Ionen und Metaboliten durch die Membran, je nachdem, ob man es mit einem energieaufwendigen Prozess zu tun hat oder nicht, spricht man von Pumpen oder Kanälen. Membranproteine sind verantwortlich für die Energieumwandlung in der lebenden Zelle und den Elektronentransport. Beispiele hierfür sind die Atmungskette, also zum Beispiel, wie der Sauerstoff in Ihrem Körper verbraucht wird oder auch die Photosynthese, der wir letzten Endes nahezu alle Energie auf Erden verdanken. Membranproteine haben weitere wichtige Funktionen, sie sind zum Beispiel Hormonrezeptoren oder Neurotransmitterrezeptoren oder auch Lichtrezeptoren. Sie leiten das Signal durch die Membran weiter und wandeln es dadurch um und lösen weitergehende Veränderungen aus. Sie sind auch letzten Endes verantwortlich für die Zell-Zell-Erkennung und sind daher auch wesentlich bei der Differenzierung, letzten Endes auch bei Krebsproblemen verantwortlich, und auch die Virusinfektionen zum Beispiel laufen über Membranproteine ab. Das Hauptproblem, solche Membranproteine zu kristallisieren, liegt in der Natur der Oberfläche solcher Membranproteine. Doch bevor ich soweit komme, möchte ich Ihnen hier mal auf diesem Dia zeigen, was für mich der Anstoß war, mich mit dem Projekt, mit dem Problem der Kristallisation von Membranproteinen zu beschäftigen. Das hier ist Bakteriorhodopsin, und zwar sind das Aggregate, glasähnliche Aggregate von Bakteriorhodopsin, einem Membranprotein, das dem Sehpigment im Auge sehr ähnlich ist, dieselbe farbgebende Gruppe aufweist und in gewissen Bakterien eine photosynthetische Funktion ausübt. Wir haben dieses Protein damals verwendet, um andere Transportprozesse mit Lichtenergie zu treiben, und haben dann bei der Entfernung von Fettstoffen aus solchen Proteinen der Membran derartige Aggregate erhalten. Es handelte sich hier ohne Zweifel um Festkörper, und aufgrund dieser Beobachtung war ich davon überzeugt, dass es auch möglich sein müsste, Membranproteine zu kristallisieren und eine Röntgenstrukturanalyse durchzuführen. Hier oben dargestellt ist das Modell einer biologischen Membran. Sie sehen hier Lipidmoleküle, das sind diese Kügelchen mit den zwei Fettschwänzen dran, und die bilden quasi eine Doppelschicht, eine äußere Schicht, eine innere Schicht, und in diese Schicht eingelagert sind die Membranproteine. Membranproteine haben nun eine polare, das heißt wasserliebende Oberfläche, wo sie hier im Kontakt mit der wässrigen Phase auf beiden Seiten der Membran sind, und sie haben eine fettliebende Oberfläche, wo sie hier in Kontakt mit den Alkanketten der Lipide stehen. Man kann solche Membranproteine deshalb nicht einfach in wässriges Milieu überführen, man muss Detergenzien verwenden. Detergenzien kennen Sie alle aus dem täglichen Leben, das sind Waschmittel, und solche Waschmittel wirken, indem sie Mizellen bilden, das sind solche Kügelchen, und in diese Kügelchen werden Schmutz oder auch Membranproteine aufgenommen. Nach Zugabe von Detergens löst sich die Membran auf und man hat diese Situation: Detergensmizellen und Mizellen, in denen wir solche Membranproteine haben. Und wir müssen dann diese Membranproteine durch verschiedenste Verfahrensweisen reinigen und charakterisieren. Für die Strukturuntersuchung benötigen wir dann Kristalle, das heißt, wir müssen diese Membranproteine mit ihren ungewöhnlichen Eigenschaften in Form von Kristallen anordnen können, und zwei prinzipielle Methodenmöglichkeiten sind hier auf diesem Dia gezeigt. Man kann zunächst mal versuchen, die Membran zu erhalten und in der Membran, quasi in den zwei Dimensionen, diese Proteine zu orientieren und dann quasi in der dritten Richtung weitere Schichten anzulagern, die orientiert sind bezüglich der Translation, bezüglich ihrer Seitigkeit und auch bezüglich der Rotation. Man hätte dann einen perfekten dreidimensionalen Kristall, die Membran wäre noch vorhanden und man könnte auch Aussagen über Lipidprotein-Wechselwirkung treffen. Das Hauptproblem jedoch ist, man hat zwei Arten von Wechselwirkungen, hier hydrophobe, also wasserabstoßende Wechselwirkung in der Membran und ausschließlich polare Wechselwirkung senkrecht dazu. In einer vernünftigen Kristallisationsprozedur müssten wir beide Arten der Wechselwirkung gleichzeitig erhöhen, und das ist schwierig zu erreichen. Deswegen glaube ich nicht, dass wir mit diesem Typ von Membranproteinkristall letzten Endes zum Ziel kommen. Die Alternative ist hier dargestellt. Wir versuchen einfach, die Membranproteine – hier dargestellt – in den Detergensmizellen, die Sie hier sehen, zu kristallisieren und uns darauf zu verlassen, darauf zu hoffen, dass polare Wechselwirkungen an den polaren Oberflächenbezirken der Membranproteine für den Aufbau des Kristallgitters verantwortlich sind. Sie sehen anhand dieses einfachen Dias, was die Hauptprobleme bei der Methode sind. Wir müssen nämlich darauf achten, dass die Detergensmizelle, die eine passive Rolle einnimmt, eine Schutzfunktion, dass diese Detergensmizelle nicht zu groß wird, weil sonst durch Überlappung der Detergensmizellen ein positiver Kontakt, ein produktiver Kontakt der polaren Proteinoberflächen unmöglich wäre. Das heißt, wir müssen darauf achten, die Detergensmizelle, die Waschmittelmizellen, so klein als möglich zu halten. Das hat zur Folge, dass wir möglichst kleine Detergenzien verwenden müssen, und einige der Detergenzien, die man verwenden kann, sind hier dargestellt. Wir haben zum Beispiel hier das Octylglucosid, das wir verwenden bei der Kristallisation von dem Bakteriorhodopsin, das Sie auf dem zweiten Dia bereits gesehen haben. Dann haben wir hier das N,N-Dimethyldodecylamine N-Oxid, das ist als Detergens etwa gleich groß, hat jedoch eine kleinere polare Kopfgruppe, was einen bedeutenden Vorteil gegenüber dem Octylglucosid darstellt. Zum Vergleich haben wir hier ein Detergens, Triton X-100, welches das beliebteste Waschmittel in der Membranbiochemie ist, hat allerdings den großen Nachteil, dass es nur eine schwache, dafür jedoch sehr große polare Kopfgruppe aufweist, die einen Großteil der polaren Oberfläche von Membranproteinen abdeckt. Mit diesem Octylglucosid konnten wir innerhalb sehr kurzer Zeit damals in Würzburg diese Kristalle erzielen, das sind Kristalle vom Bakteriorhodopsin, nadelförmige Kristalle, die jedoch zu unserer Enttäuschung nicht für eine Röntgenstrukturanalyse geeignet waren. Wenn wir andere Salze zum Fällen verwendet haben, haben wir diese Kuben erhalten, diese Würfel, und Sie sehen hier noch ein zweites Problem, wenn man Fällungsmittel dazusetzt, kriegt man ein schmierige Waschmittel-Detergensphase, in der solche Membranproteine und Kristalle aufgenommen werden und dort ziemlich schnell denaturieren, sodass wir diese Ausbildung dieser Detergensphase, die Sie hier sehen, vermeiden müssen. Ein weitergehender Gedanke, als wir so bis dorthin nicht zum Ziel kamen mit dem Bakteriorhodopsin, war, kleine amphiphile Moleküle zuzusetzen, zum Beispiel Heptan 1,2-Triol-Moleküle, die im Prinzip ähnlich aufgebaut sind wie Detergensmoleküle, jedoch kleiner sind und deshalb alleine keine Mizellen bilden können. Diese amphiphilen Moleküle sollen Detergensmoleküle ersetzen, die nicht in das vom Membranprotein gebildete Kristallgitter passen. Desweiteren haben wir zu beachten, eine spezifische Wechselwirkung der polaren Kopfgruppe, also der Triol-Kopfgruppe mit den Proteinen. Von den verschiedenen Isomeren, also sehr ähnlichen Verbindungen des Heptan 1,2,3-Triols, kann nur eine bei der Kristallisation dieses Reaktionszentrums verwendet werden. Solche amphiphilen Moleküle bilden auch mit Detergenzien gemischte Mizellen, und die sind kleiner als die reinen Detergensmizellen, sodass ein größerer Anteil der polaren Proteinoberfläche für die Kristallisation, für die Kristallbildung zur Verfügung steht. Mit dieser Idee im Hinterkopf habe ich die Chemikalienkataloge der größeren Hersteller durchgewälzt und alles bestellt, was vom einen Ende polar, an dem anderen Ende hydrophob war, gekauft und eingesetzt zu den Kristallisationsansätzen. Ich habe etwa zwanzig weitere Verbindungen mit meinen sehr bescheidenen organisch-chemischen, präparativen Kenntnissen selber synthetisiert, darunter das Heptan-Triol, und den Effekt können Sie hier sehen. Anstelle von diesen Würfeln, die ich Ihnen vorher gezeigt habe, erhalten wir jetzt schön aussehende, hexagonale Säulen von diesem Protein. Sie können hier auch sehen, dass leider das Protein instabil wird bei der Anwesenheit dieser Verbindungen, sodass wir hier wiederum limitiert sind. Das erfolgte über einen Zeitraum von etwa zwei bis drei Jahren, nachdem ich eine ganze Reihe von Parametern variiert hatte und ich auch versucht hatte, in das Protein reinzudenken, habe ich den entscheidenden Parameter überhaupt variiert, nämlich das Protein. Ich habe mich dann entschieden, mit dem Purpurbakterium Rhodopseudomonas viridis zu arbeiten. Das hier zeigt Ihnen eine elektronenmikroskopische Aufnahme eines solchen Bakteriums und wenn dieses Bakterium bei niederen Lichtintensitäten photosynthetisch gezogen wird, bildet es den photosynthetischen Apparat aus, der hier besonders einfach gebaut ist, nämlich diese Membranstapel, die weit über die Hälfte des gesamten Zellinnenraumes ausfüllen. Dazu kommt der Vorteil, dass diese Kügelchen, die Sie hier in diesen Membranen sehen, sind die einzigen Proteinkomponenten, sie enthalten 7 Proteine, davon sind 4 Bestandteile des Reaktionszentrums, 3 von den Lichtsammler-Pigment-Proteinkomplexen. Man kann dann diese Membranen leicht isolieren, die Membran auflösen und das Reaktionszentrum heraus isolieren. Das isolierte Reaktionszentrum von Rhodopseudomonas viridis hat folgende Proteinzusammensetzung. Ich möchte Ihnen jedoch zunächst mal den Namen Rhodopseudomonas viridis übersetzen, damit Sie sich den Namen besser merken können. Rhodos heißt Rot, Pseudo heißt falsch, Monas ist eine Einheit oder Zelle und Viridis ist Grün, deshalb heißt es zusammengenommen: eine rote, falsche Zelle, die grün ist. Hier aufgelistet sind die Proteinuntereinheiten im Reaktionszentrum. Wir haben hier zunächst eine Cytochrom-Untereinheit, die enthält vier Hämgruppen als Elektronen übertragende Gruppen, dann haben wir eine H-Untereinheit, wobei H für „heavy“, schwer also, steht, weil das Molekulargewicht, das man aus der Elektrophorese erhält, mit der Elektrophorese bestimmt, 35.000 beträgt, das tatsächliche, allerdings nur 28.500, besteht aus 258 Aminosäuren. Die M-Untereinheit, mittlere Untereinheit, hat ein apparentes Molekulargewicht von 28.000, tatsächlich jedoch 36.000, L, die leichte Kette, 24.000 apparentes Molekulargewicht und 30.500 tatsächliches Molekulargewicht. Sie sehen hier ein weiteres Problem beim Umgang mit Membranproteinen. Es steht uns keine einfache Methode zur Verfügung, um die Größe dieser Proteine zu ermitteln und deshalb steht hier, die schwere Untereinheit ist tatsächlich die leichteste Untereinheit. Die Funktion dieses sogenannten Reaktionszentrums ist die einer lichtgetriebenen Elektronenpumpe, ein Physiker könnte auch sagen, es ist eine photogalvanische Zelle, oder ein Biochemiker könnte sagen, es ist eine lichtgetriebene Cytochrom-Ubichinon–Oxidoreduktase. Der Pigmentapparat ist hier in seinem funktionellen Zusammenhang dargestellt. Wir haben 4 Bakteriochlorophyllmoleküle, Verwandte also des Farbstoffs, wie Sie hier auch in den Blättern hier unten sehen. Dann haben wir 2 Bakteriopheophytin, das sind verwandte Moleküle, die jedoch kein Magnesium enthalten, und zwei der Bakteriochlorophylle bilden den allerersten, den primären Elektronendonor, der auch „special pair“, spezielles Paar genannt wird. Das Elektron wird zunächst mit einer Zeitkonstante von 2,8 Pikosekunden, also in einer sehr kurzen Zeit Von dem Bakteriopheophytin wird es weiter transportiert zu einem Menachinon-9. Das primäre Chinon wird auch als QA bezeichnet, und von QA zu QB, das ist ein Ubichinon-9 in Rhodopseudomonas viridis, und beide Chinone sind an ein 2-wertiges, Nichthäm-Eisenatom gebunden. Nicht zu vergessen ist die Anwesenheit eines Carotinoids, eines Carotinoid-Moleküls, und diese Moleküle dienen zum Schutz, zur Ausbildung von Singulett-Sauerstoff. Vor allem die Kombination von Sauerstoff und Licht in Anwesenheit von Pigmenten ist in der Natur, in der Biologie tödlich, Sie werden es auch schon in Form von Sonnenbrand persönlich gemerkt haben. Diesen Komplex konnte ich 1981 dann in München kristallisieren, in der österreichischen Abteilung, und wir haben damals dann auch mit der Röntgenstrukturanalyse angefangen. Die Länge dieser Kristalle beträgt etwa 1 bis 2 Millimeter, der Durchmesser 0,4 bis 0,5 Millimeter. Die Kristalle waren von Anfang an wohl geordnet, und Sie sehen hier auf dieser Aufnahme, einer Röntgenbeugungsaufnahme, mehr als 6.000 dunkle Punkte. Man hat etwa 150 solcher Aufnahmen, die dann einen Datensatz zum Beginn der Auswertung darstellen, und die Auflösung – für die Fachleute unter Ihnen – beträgt hier etwa 2,3 Angström Auflösung. Diese Filme haben wir ab Mitte 1982 an Hans Deisenhofer aus der Abteilung Huber zur Auswertung weitergegeben, der dann einen Großteil der Rechenarbeiten des Modellbaus und der Verfeinerung der Struktur durchgeführt hat. Er wird Ihnen im Rahmen seines Vortrags vermutlich mehr darüber erzählen. Das Ergebnis der Computerarbeit ist dann eine Elektronendichtekarte. Die Elektronendichte ist hier dargestellt in Form eines solchen roten Käfigs, und eingefügt in dieses Modell ist ein Bakteriochlorophyllmolekül in Blau. Und Sie sehen, dass wir hier sogar Elektronendichte für alle Seitenketten der Bakteriochlorophyllmoleküle haben, sodass wir sie eindeutig orientieren können mit einer Ausnahme. Sie sehen hier eine Acetyl-Seitenkette, eine dieser Seitenketten ist ein Sauerstoffatom, das andere ein Kohlenstoffatom, und wir können aufgrund der Elektronendichte natürlich nicht entscheiden, ob das hier das Sauerstoffatom oder das hier das Sauerstoffatom ist, sondern für diese Information müssen wir noch weitere chemische Parameter zur Verfügung haben. Hier sehen Sie auch das Carotinoid-Molekül, das – wie gesagt – diese Schutzfunktion gegen die schädlichen Wirkungen des Lichts aufweist. Das erste wichtige Ergebnis, das wir hatten, ist die Anordnung des Pigmentapparates in der Zelle. Sie sehen hier bereits die zwei großen Überraschungen der Strukturaufklärung überhaupt. Sie sehen zunächst einmal hier oben eine lineare Kette von 4 Hämgruppen. Man hatte bisher immer geglaubt, dass die Hämgruppen parallel, vermutlich in der Membran angeordnet sind, das ist jedoch nicht so, sie befinden sich auf einer Seite der Membran in einer linearen Anordnung, wie Sie hier sehen können. Das eigentliche Herz des Reaktionszentrums ist hier der primäre Elektronendonor, das „special pair“, das ist hier etwas schräg gezeigt, und davon ausgehend gibt es symmetrisch angelegt zwei Äste von Pigmenten. Das war die zweite Überraschung, mit der niemand gerechnet hatte. Das war natürlich zunächst ein verwirrendes Ergebnis, weil man dann natürlich noch nicht wusste, wird das Elektron hier über die Membran gepumpt, transferiert oder über diesen Pigmentast über die Membran transferiert oder werden beide Äste für den Elektronentransport verwendet? Diese Frage konnten wir mithilfe spektroskopischer Untersuchungen an den Kristallen und dem Vergleich mit den Röntgenstrukturdaten eindeutig klären, zumal bekannt war, dass nur ein Bakteriopheophytin, das Licht bei längeren Wellenlängen absorbiert, in den Elektronentransport involviert ist, und zwar eindeutig dieses Bakteriopheophytin-Molekül, sodass wir heute mit Sicherheit sagen können, dass das Elektron ausgehend vom primären Elektronendonor hier zunächst auf diesem Pigmentast, auf dieses Bakteriopheophytin transferiert wird und von dort zu dem Menachinon, dem primären Chinon, dann parallel zur Membran zu dem sekundären Chinon QB hierüber. Bezüglich des Elektronentransfers erscheint dieser zweite Ast ein Relikt der Evolution und heute dazu nicht mehr benötigt zu werden. Wir haben jedoch hier auf diesem Ast im Kontakt das Carotinoid-Molekül – hier dargestellt in Blau – dass die Ausbildung von Tripletts des primären Elektronendonors verhindert, zumindest den verwandten Bakterien und damit die Ausbildung von diesen tödlichen Sauerstoffradikalen verhindert. Die Rolle dieses zusätzlichen Bakteriochlorophylls, ist es jetzt der allerallererste Elektronenakzeptor oder vermittelt es lediglich den Elektronentransfer von hier nach hier, ist ein Gegenstand heißer und hitziger Debatten in den Naturwissenschaften. Vor allem hat jetzt diese Struktur Anlass zu weitergehenden theoretischen Untersuchungen von Seiten der Physiker gegeben, und die ursprüngliche Befürchtung, dass unsere Arbeit eine große Reihe von Physikern brotlos machen würde, hat sich nicht bewahrheitet, sondern sie mussten lediglich ihre Aufgabenstellung verändern, sodass sie jetzt auf einem etwas anderen Niveau, ausgehend von der Struktur, sich mit dem theoretischen Verständnis des Elektronentransfers beschäftigen können. Bevor ich auf den Proteinteil komme, muss ich Ihnen sagen, dass auch wir in der Strukturforschung nicht ohne Gentechnologie auskommen können. In dem Fall mussten wir die Sequenz der Aminosäuren der Proteinuntereinheit bestimmen. Das geht bei Membranproteinen, bei großen Membranproteinen eigentlich nur, indem man mit gentechnologischen Methoden die DNA, die Gene isoliert und die Sequenz der Nukleinsäurebausteine bestimmt. Das gelang uns zunächst für die H-, für die schwere Untereinheit, deren Gen irgendwo auf dem Chromosom des Bakteriums lokalisiert ist und in keiner Beziehung zu den Genen der restlichen 3 Protein-Untereinheiten steht. Wir finden zunächst mal eine L-, das Gen für die L-Untereinheit, dann das Gen für die M-Untereinheit und das Gen für die Cytochrom-Untereinheit, die zusammen eine polycistronische Message, also eine polycistronische Boden-RNS bilden, zusammen mit den Alpha- und Beta-Untereinheiten des Lichtsammler-Pigment-Proteinkomplexes. Mit der Sequenzinformation dann konnten wir im Detail den Verlauf der Peptidketten verfolgen. Sie sehen hier den Kettenverlauf der L-Untereinheit. Das ist jetzt etwas von der Membran hinweggekippt, sodass man den Proteinkettenverlauf im Detail sehen kann. Wir haben hier das amino-terminale Ende auf der inneren Seite der Membran, dann haben wir hier eine Helix, in der die Proteinkette durch die Membran verläuft. Dann haben wir hier eine reichlich komplexe Verknüpfung zur zweiten Transmembranhelix, die Sie hier sehen, dann die einzige kurze Verknüpfung zwischen zwei Transmembranhelices hier, die dritte Transmembranhelix, hier wiederum eine relativ komplexe Verknüpfung, und hier eine kurze Helix parallel zur Membran, die hier in Violett gezeigt ist, die fünfte Transmembranhelix dann hierunter, dann eine Richtungsänderung im Peptidkettenverlauf, eine kurze Helix, die teilweise in die Membran hereinführt, das ist ein überraschendes Strukturelement. Dann haben wir die Proteinkette als gestreckte Kette zurück und die fünfte Transmembranhelix hier, bevor wir hier am carboxy-terminalen Ende eine zweite kurze Transmembranhelix haben. Die M-Untereinheit zeigt einen ausgesprochen ähnlichen Proteinkettenverlauf. Das können Sie leicht sehen, die fünf Transmembranhelices hier, hier die Helix parallel zur Membran, diese Helix haben Sie gesehen, die kleine Helix hier am Ende haben Sie gesehen. Die Unterschiede sind hier ein längeres amino-terminales Ende, eine längere Verknüpfung der ersten und zweiten Transmembranhelices, hier eine komplexere Verknüpfung der vierten und fünften Transmembranhelices und hier ein Wurmfortsatz von 17 Aminosäuren, der eine Spezialität von Rhodopseudomonas viridis ist. Die L- und M-Untereinheit zusammen bilden quasi das Herz des Reaktionszentrums. Das ist jetzt ein Blick parallel zur Membran auf das Reaktionszentrum. Sie sehen hier in Rot die L-Untereinheit, in Blau die M-Untereinheit zusammen mit den Pigmenten in Violett, und hier sehen Sie den primären Elektronendonor, der sich genau an der Oberfläche zwischen den beiden Protein-Untereinheiten befindet. Der Pigmentweg, der für den Elektronentransfer verwendet wird, ist dieser, auf der Seite, der mit der L-Untereinheit assoziiert ist, bevor das Ganze hier auf der Elektronen akzeptierenden Seite, auf der Innenseite der Membran, etwas verwirrend wird, weil die rote Untereinheit hier hinüber kommt in den Bereich der roten Untereinheit und damit zu territorialen Problemen führt und auch hier das Ringsystem des primären Chinons QA bindet. Umgekehrt wird das Sekundär-Chinon hier von der roten Untereinheit, der L-Untereinheit gebunden, und anstelle des sekundären Chinons sehen Sie hier einen kompetitiven Inhibitor für das QB. Diese Verbindungen sind auch von wirtschaftlichem Interesse, und wir haben hier den Bezug zum Ressort von Herrn Landwirtschaftsminister Kiechle, weil diese Verbindungen als Herbizide dazu dienen, das Wachstum von Unkräutern auf den Feldern zu verhindern. Wir haben vor allem eine Klasse von solchen Herbiziden zum ersten Mal im Detail, den Wirkungsmechanismus, aufgeklärt. Das war ein sehr überraschendes Ergebnis, und Sie sehen anhand dieses Ergebnisses, dass man heutzutage reine Grundlagenforschung und letzten Endes Forschung, die dann zu Anwendungsrelevanz führt, nicht trennen kann. Das ist vor allem deswegen von Interesse, weil die Verbindungen, die hier an diesem Reaktionszentrum wirken, das Atrazin und Verwandte sind, und Ihnen ist die Umweltproblematik des Atrazins hinreichend bekannt. Die chemische Industrie, agrochemische Industrie, erhofft sich natürlich, dass sie jetzt in der Lage ist, bessere Herbizide zu entwickeln, die in der Lage sind, etwa Atrazin abzulösen und auch geringere umweltpolitische, umweltrelevante Probleme mit sich bringt. Ich hatte erwähnt, dass wir im Reaktionszentrum zwei Elektronentransportwege haben, wobei heutzutage nur noch eine verwendet ist und der zweite ein Relikt der Evolution darstellt. Es scheint ganz klar zu sein, dass vor drei bis vier Milliarden Jahren in der Evolution ein völlig symmetrisches Reaktionszentrum existierte, wo L- und M-Untereinheit identisch waren und zwei Wege für den Elektronentransfer über die Membran existierten. Dieses ursprüngliche Reaktionszentrum hatte das Problem, dass auf der Elektronen akzeptierenden Seite die beiden Chinone nur dann Energie speichern können, wenn sie zwei Elektronen in Serie erhalten. Das hat bei zwei Wegen über die Membran die Folge, dass, wenn das erste Elektron auf einem Chinon endet, das zweite Elektron eine 50-prozentige Wahrscheinlichkeit hat, entweder auf einem anderen Chinon zu enden oder auf demselben Chinon, und wenn es auf dem zweiten Chinon endet, dann haben wir das Problem, wir haben zwei Semichinone im selben Protein. Diese Semichinone sind nicht stabil, und das Elektron geht innerhalb von Sekunden verloren, wenn nicht ein drittes Elektron hier nachgeliefert wird. Ein Ausweg aus diesem Problem ist dann, dass man die beiden Chinone, also hier Q1, Q2, hintereinander schaltet und damit den Elektronentransfer hier möglich macht, sodass dann als Konsequenz zwei Elektronen immer auf demselben Chinon enden müssen. Und dieses doppelt reduzierte Chinon wird dann zweimal protoniert von der Innenseite der Membran, und als Hydrochinon aus dem Reaktionszentrum freigesetzt, ein anderes oxidiertes Chinon gelangt in das Reaktionszentrum. Dieser Austausch für das andere Chinon ist im Laufe der Evolution mit Sicherheit abgeschaltet worden. Dieser Pigmentast ist deshalb heute ein Relikt der Evolution, es ist jedoch so, dass aus strukturellen Gründen dieser Weg nicht einfach abgebaut werden konnte, abgestellt werden konnte in der Evolution, weil es sonst wahrscheinlich nicht möglich wäre, das Reaktionszentrum zu bilden. Das zeigt Ihnen das gesamte Reaktionszentrum. Ich habe Ihnen im Detail schon erklärt, wie die Struktur des zentralen Komplexes ist, der in der Membran steckt. Daran angesetzt haben wir hier die Cytochrom-Untereinheit auf der Außenseite der Membran. Diese Hämgruppen liefern Elektronen nach einem primären Elektronendonor, der sich hier befindet. Dann haben wir hier noch die H-Untereinheit. Sie sehen hier eine Transmembranhelix in Violett und hier eine größere lösliche Domäne auf der inneren Seite der Membran. Die H-Untereinheit als solche, die Sie hier noch einmal sehen, ist nicht am Elektronentransfer beteiligt, hat aber unter Umständen eine Funktion beim Transfer von Protonen durch das Protein in die Chinon-Bindungsstelle. Hier noch einmal schön zu sehen ist die Transmembranhelix, die die H-Untereinheit in der Membran verankert, hier der globuläre Teil, und dieser Teil hier scheint in der Membran mit den Lichtsammlerproteinen zu wechselwirken, die sich hier befinden müssen, die wir jedoch bei der Reinigung abtrennen. Ansonsten ist die Funktion der H-Untereinheit wahrscheinlich die einer Matrix, an der der gesamte Aufbau dieses Reaktionszentrums, dieses ausgesprochen komplizierten Gebildes, abläuft und ohne die wir keinen Aufbau dieses Komplexes haben können. Ich möchte hier noch Ihre Aufmerksamkeit auf das amino-terminale Ende der Cytochrom-Untereinheit lenken. Sie sehen hier die erste Aminosäure, die direkt an der Membranoberfläche anliegt. Von der Elektronendichte, das heißt, von der Röntgenstrukturanalyse hatten wir keinen Hinweis auf die Existenz eines in der Membran befindlichen Proteinteils dieser Untereinheit. In der Hand der Experimentatoren erwies sich die Cytochrom-Untereinheit jedoch als Membranprotein. Ein Doktorand, Karl Weiher, hat dann hier an dieser Aminosäure zwei kovalent gebundene Fettsäuren entdeckt, die Art und Weise der Bindung ist hier dargestellt. Wir haben hier als amino-terminale Aminosäure ein Cystein daran gebunden, über eine Thioetherbrücke ein Glyzerin, wie man es in vielen Fetten findet, und daran über Esterbindungen zwei Fettsäuren. Bei den Fettsäuren handelt es sich um statistische Gemische von einfachen ungesättigten C18-Fettsäuren oder einfach hydroxylierten C18-Fettsäuren. Dieser gesamte Membran-Anker befindet sich in der Detergensmizelle, die das Protein, die Proteine umgeben und ist somit in der Elektronendichte nicht sichtbar. Dieses Bild zeigt Ihnen das Reaktionszentrum als raumfüllendes Modell. Sie hatten quasi in den vorhergehenden Dias Durchblick durch das Reaktionszentrum, so haben Sie jetzt Aufblick auf das Reaktionszentrum. Sie sehen hier in Weiß Kohlenstoffatome, die an der Oberfläche des Proteinkomplexes liegen, in Rot Sauerstoffatome, in Blau Stickstoffatome und in Gelb Schwefelatome. Hier in Braun dargestellt sind die Atome eines Bakteriopheophytins, die hier an der Oberfläche des Komplexes zu liegen kommen. Sie können eindeutig sehen, dass wir hier eine zentrale Zone haben, in der sich bevorzugt Kohlenstoffatome an der Oberfläche befinden. Diese machen die Hydrophobizität, also die wasserabstoßenden Eigenschaften dieses in der Membran steckenden Komplexes aus. Sie sehen hier eine Reihe von Stickstoffatomen in Blau, das sind Seitenkettenatome von basischen Aminosäuren, die vermutlich mit Phosphatgruppen wechselwirken und damit den Komplex lokalisieren senkrecht zur Membranebene. Sie sehen hier oben eine Dominanz der blauen Farbe in der Cytochrom-Untereinheit, Dominanz der roten Farbe in der H-Untereinheit. Man kann das Ganze quantifizieren, das ist hier getan in dünnen Schichten senkrecht zu einer zweizähligen Symmetrieachse, die senkrecht zur Membran verläuft, also in Schichten parallel zur Membran. Sie sehen hier, dass die Oberfläche etwa zu 60% von Kohlenstoffatomen gebildet wird, wo das Protein in Kontakt mit der Innenseite der Zelle steht, in der Membran dann geht die Oberflächenbelegung auf 95% hoch und dann auf 57% zurück in der Gegend der Cytochrom-Untereinheit, also außerhalb der Zelle. Sie sehen hier gleichzeitig noch, dass der primäre Elektronendonor sich in dem wasserabstoßenden hydrophoben Bereich der Membran befindet, während das Eisenatom, wo die Chinone sich bereits wieder im polaren Teil der Membran befinden. Die Dicke der wasserabstoßenden Schicht der Membran lässt sich hieraus abschätzen und beträgt etwa 30 Angström. Dieses Dia zeigt Ihnen die Verteilung der geladenen Aminosäurereste im Protein, das sind ja ähnliche Verteilungen, positiv und negativ geladene Aminosäuren oben und innen, jedoch nicht im zentralen Membranbereich. Lediglich auf der Innenseite der Membran haben wir drei geladene Reste, die sich in hydrophober, wasserabstoßender Umgebung befinden und dort eine funktionelle oder strukturelle wichtige Rolle spielen. Wenn man dann versucht, die Nettoladungen auszurechnen, die sich an L- und M-Untereinheit an den Helix-Enden befindet, unter der Annahme, dass Asparaginsäuren, Glutaminsäuren, Carboxy-Termini negativ geladen sind und Lysine, Arginine und Amino-Termini positiv geladen, erhält man für die Innenseite zunächst mal eine Nettoladung von 0 für das amino-terminale Ende. Nach der Durchquerung der Kette durch die Membran erhält man für die Außenseite eine Nettoladung von -1, durchquert man wieder die Membran, erhält man hier eine Nettoladung von +3, auf der Außenseite dann wiederum negativ -1, auf der Innenseite wieder positiv +1, auf der Außenseite wieder -2. Die Verteilung von elektrischen Ladungen auf diesen Proteinen ist deshalb ausgesprochen asymmetrisch. Das hat zur Folge, dass wir die Ausbildung eines elektrischen Dipols an diesen Membranproteinen haben. Ich muss Ihnen jetzt in Erinnerung zurückrufen, dass biologische Zellen elektrische Ladungen über die Membran haben, sogenannte Membranpotenziale in einer Orientierung – dass Zellen außen auf der Außenseite im Medium positiv geladen und auf der Innenseite negativ geladen sind. Das ist Folge der Aktion von Ionenpumpen, die elektrische Ladungen über die Membran verschieben. Dieses von Ionenpumpen etablierte Feld kann dann umgekehrt dazu dienen, die Membranproteine in der Membran zu orientieren, wenn sie diese asymmetrische Verteilung von Ladungen haben.

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Hartmut Michel received his Nobel Prize in Chemistry 1988 at the rather young age of 40. It so happened that already the next year the Lindau meeting was dedicated to chemistry. Being a German citizen, Michel would of course have been invited anyway. But this way his audience mainly consisted of chemistry interested young researchers and students together with Nobel Laureates in Chemistry. For them he introduced himself as “still an ordinary scientist”. On the speaker’s list were, among others, Michel’s two co-Laureates, Johann Deisenhofer and Robert Huber. The three Laureates gave their respective lectures in the logical order: Michel mainly on the problems of crystallization of biological membranes, Deisenhofer on the X-ray diffraction measurements and the three-dimensional structure of such membranes and Huber on the workings of a photosynthetic reaction centre based on such membranes. Interestingly enough, present in the audience was also 1964 Nobel Laureate in Chemistry, Dorothy Crowfoot Hodgkin. Starting in the 1930’s, she had gone through all three phases of structural work with other biological molecules, such as insulin and penicillin. Her lecture at this Lindau meeting, her last, was appropriately entitled “A life in science”. When the Lindau meetings started in 1951, most of the lectures were in German and since the main part of the audience was German speaking, no translation was offered. But over the years, the meetings became more and more international and starting 1968, simultaneous translations in both directions was offered. So Hartmut Michel’s lecture is available in the original German and also in a simultaneous translated English version. Michel and Deisenhofer collaborated on the written version of their Nobel Lectures from December 8, 1988, and one may use it to find some of the illustrations that Michel is using in Lindau.

Anders Bárány