Carl Cori

Enzymatic control of glycogen metabolism

Category: Lectures

Date: 28 June 1972

Duration: 61 min

Quality: HD MD SD

Subtitles: DE

Carl Cori (1972) - Enzymatic control of glycogen metabolism

Professor Auhagen, meine Damen und Herren. Professor Auhagen, ich danke Ihnen für die freundliche Einführung. Das Thema, das ich gewählt habe, ist allgemeiner Natur und hat mit der Einstellung des Blutzuckers, der Energieversorgung für die Muskelarbeit und der Speicherung überschüssiger Kohlenhydrate in Geweben zu tun. Es handelt von physiologischen und biochemischen Problemen und ist auch für die Klinik von gewisser Bedeutung. Ich hoffe, Sie verzeihen mir, dass viele der Autoren, die ich zitiere, frühere Studenten und Mitarbeiter von mir sind. Die Präsentation besteht aus drei Teilen: Zunächst geht es um die Struktur von Glykogen, dann um seine Synthese bzw. seinen Abbau mittels Enzymen und schließlich um seine Regulierung. In der mir zur Verfügung stehenden Zeit kann ich diese Themen jedoch wahrscheinlich nur kurz anschneiden. Ich möchte den Vorsitzenden Dr. Auhagen bitten, mich im Falle einer Zeitüberschreitung zu unterbrechen; es könnte sein, dass ich mich so in die Materie vertiefe, dass ich die Zeit vergesse. Glykogen wurde vor mehr als 100 Jahren von Claude Bernard entdeckt. Es handelt sich dabei um ein in allen Geweben vorkommendes Speicherpolysaccharid, das aber vor allem in der Leber von besonderer Bedeutung ist, wo es als Blutzuckerquelle dient, und in den Muskeln, wo es Energie für die Muskelarbeit liefert. Hier ein paar einfache Fakten zu Glykogen: Es besteht ausschließlich aus Glucose-Einheiten, und es gibt zwei Arten von Verknüpfungen, eine Alpha-1-4-maltosidische in den linearen Abschnitten des Moleküls und eine Alpha-1-6-glycosidische an den Verzweigungsstellen. Seine Struktur ähnelt der eines verzweigten Baumes. Sein Molekülgewicht ist hoch, mehrere Millionen oder mehr, und breit verteilt. Aufgrund seiner Größe kann Glykogen die Zellmembranen nicht durchdringen. Um es für den Organismus verfügbar zu machen, muss es durch intrazelluläre Enzyme gespalten werden. Betrachten wir also die am Glykogenmetabolismus beteiligten Enzyme. Das wichtigste Enzym für den Glykogenabbau ist die von Dr. Auhagen erwähnte Phosphorylase. Sie spaltet die Alpha-1-4-Bindung des Glykogens phosphorolytisch, d.h. bei der Umsetzung von anorganischem Phosphat entsteht ein phosphorylierter Zucker, Glucose-1-phosphat, Alpha-Glucose-1-phosphat. Die Phosphorylase beginnt mit dem Abbau an den Außenketten des Glykogens, indem sie die einzelnen Glucose-Einheiten jeweils als Glucose-1-phosphat entfernt. Erreicht sie eine Verzweigungsstelle, wird ihr Wirken gestoppt. Für den Abbau der Alpha-1-6-Glucose-Einheit an den Verzweigungsstellen ist jetzt ein anderes Enzym erforderlich. Dieses Verzweigungsenzym hat eine doppelte Funktion. Es fungiert einerseits als Transferase, die Glucose-Einheiten entfernt, die die Glucose-Einheiten an den Verzweigungsstellen bedecken, und sie auf andere Ketten überträgt, aber auch als Glycosidase, die die 1-6-Bindung hydrolysiert. Auf diese Weise wird Glykogen durch das Zusammenwirken der beiden Enzyme (Phosphorylase, Verzweigungsenzym) vollständig abgebaut. Die Produkte sind Glucose-1-phosphat aus den Alpha-1-4-verknüpften Glucose-Einheiten und freie Glucose aus den Alpha-1-6-Einheiten an den Verzweigungsstellen. Durch separate und aufeinander folgende Aktivität dieser beiden Enzyme erfolgt ein stufenweiser Abbau des Glykogens, so als würde man einen Baum entasten. Hier erhalten Sie einen Einblick in die Struktur von Glykogen. Die mehrfach verzweigte baumartige Struktur des Glykogens wurde de facto mit Hilfe dieser beiden Enzyme erstmals eindeutig belegt, auch wenn bereits H.H. Meyer meinte, dass eine solche Struktur existieren könnte. Andere Wissenschaftler hatten andere Strukturen vorgeschlagen. Für die Glykogensynthese werden ebenfalls zwei Enzyme benötigt, eines für die Alpha-1-4-Bindungen, das andere für die Alpha-1-6-Bindungen. Das von Leloir entdeckte erstere Enzym überträgt eine Glycosyl-Einheit von Uridindiphosphatglucose auf eine bereits bestehende Polysaccharidkette. Dieses Enzym kann lediglich lineare Ketten herstellen. In Gegenwart eines Verzweigungsenzyms wird die gesamte Kette verschoben und per 1-6-Verknüpfung an eine benachbarte Kette angehängt. Das sind kurz zusammengefasst die beteiligten Enzyme. Ich möchte nun einige der genannten Aspekte mit Hilfe der Dias veranschaulichen. Könnte ich bitte das erste Dia haben? Es stellt Glykogenpartikel im Muskel unter dem Elektronenmikroskop dar. Ich zeige Ihnen das, damit Sie sehen, dass sich das Glykogen in den Zwischenräumen zwischen den Myofibrillen befindet. Dort sind auch Mitochondrien - hier sehen Sie von Glykogenpartikeln umgebene Mitochondrien. Es handelt sich dabei um die von Dorfman, einem Elektronenmikroskopie-Spezialisten beschriebenen Beta-Teilchen. Die chemischen Vorgänge im Muskel finden also in diesen relativ schmalen Zwischenräumen zwischen den Myofibrillen statt. In den Myofibrillen liegt, wenn überhaupt, nur sehr wenig Glykogen vor. Das nächste Dia zeigt Glykogen in der Leber. Hier sind die Beta-Teilchen des Muskelglykogens in einer Art Rosette angeordnet. Das Glykogen in der Leber weist bereits eine Struktur auf, die sich von der des Muskelglykogens durch ihr sehr viel höheres Molekulargewicht unterscheidet. Diese Aufnahme stammt von einem Kind, das an der Glykogenspeicherkrankheit Typ 2 leidet. Die Struktur ist dabei völlig normal; hier sind die Rosetten dargestellt. Ich weiß nicht, in welchem Abstand Sie sie sehen, aber diese großen Strukturen bestehen aus mehreren Beta-Teilchen. Dieses Glykogen ist so groß, dass es leicht aus einem Leberhomogenat zentrifugiert werden kann. Es hat sich herausgestellt, dass die Partikel den Großteil der auf sie wirkenden Enzyme absorbieren, d.h. Phosphorylase und Synthetase, das Verzweigungs- und das Entzweigungsenzym enthalten. Kürzlich untersuchte Fischer diese Glykogen-Enzym-Komplexe im Muskel und stellte fest, dass sie unter bestimmten Bedingungen ein kinetisches Verhalten aufweisen, das sich von dem löslicher Enzymsysteme relativ stark unterscheidet. Diese Feststellung könnte sich als recht wichtig für die Funktionalität des Systems unter in vivo-Bedingungen erweisen. Schauen wir uns das Enzym einmal an. Bitte das nächste Dia. Das ist die Phosphorylase-Reaktion. Sie sehen hier die äußeren Ketten des Alpha-1-4-verknüpften Glykogens, Phosphorylase und Phosphat anstelle von Wasser. An der Spaltung der Bindung ist Phosphat anstelle von Wasser beteiligt, was die Reaktion problemlos umkehrbar macht. Phosphorylase kann also entweder eine Glucose-Einheit nach der anderen entfernen und sie in Glucose-1-phosphat umwandeln oder nacheinander Glucose-Einheiten aus Glucose-1-Phosphat anhängen. Wie die Synthetase kann auch die Phosphorylase nur lineare Ketten und keine Ketten de novo erzeugen, sondern muss auf bereits bestehenden Ketten aufbauen. Der Grund, warum Phosphorylase in den Zellen hauptsächlich für den Abbau eingesetzt wird, ist folgender: Bei Addition des Glucose-Anteils von Glucose-1-Phosphat wird anorganisches Phosphat, ein Reaktionsprodukt in Richtung Synthese freigesetzt. Da Phosphat das Syntheseprodukt ist, müsste es zur Fortsetzung der Synthese genauso schnell entfernt werden, wie es gebildet wird. Die Konzentrationen des anorganischen Phosphats, das Verhältnis von anorganischem Phosphat zu Glucose-1-phosphat ist im Inneren der meisten Zellen ungünstig. Das nächste Dia zeigt, wie die Natur diese Schwierigkeit überwunden hat. Dies hier ist Uridindiphosphatglucose, die von Leloir entdeckte Verbindung, die bei einer enzymatischen Reaktion zwischen Glucose-1-phosphat und Uridintriphosphat entsteht. Hier sehen Sie ein über eine parallele Phosphatgruppe mit Uridylsäure verknüpftes Glucose-1-phosphat. Bei dieser Verbindung ist die Situation thermodynamisch wesentlich günstiger. Wir können das im nächsten Dia sehen, in dem das Gleichgewicht der beiden Verbindungen verglichen wird. Die Reaktion wird durch Phosphorylase und Uridin katalysiert und Glucose von UDPG auf eine bereits bestehende Kette übertragen. GN steht hier für Glykogen mit N-Glucose-Einheiten in der äußeren Kette. Beim Aufstellen einer Gleichgewichtsgleichung fällt die Glykogenkonzentration weg, da bei Addition eines GN dieses im Nenner und im Zähler erscheint und sich damit aufhebt. Bei Betrachtung des Gleichgewichts zwischen anorganischem Phosphat und Glucose-1-phosphat stellen wir fest, dass Gleichgewicht hier bedeutet, dass die freie Hydrolyseenergie von Glucose-1-phosphat in etwa der der maltosidischen Bindung entspricht, was die Reaktion problemlos umkehrbar macht. Andererseits beträgt die freie Hydrolyseenergie von Glucose-1-phosphat etwa 5 Kilokalorien pro Mol, die von Glucose in Uridindiphosphatglucose etwa 8 Kilokalorien pro Mol. Dadurch wird die Reaktion praktisch irreversibel. Diese erheblich höhere freie Hydrolyseenergie erklärt, warum an so vielen Glycosylübertragungsreaktionen nukleotid-verknüpfte Zucker als Glycosyldonatoren beteiligt sind. Leloirs Entdeckung dieser Reaktionen mit nukleotid-verknüpften Zuckern war in der Tat äußerst wichtig und weitreichend und wurde zu Recht vor einigen Jahren mit dem Nobelpreis honoriert. Das nächste Enzym, das ich besprechen möchte, ist das Entzweigungsenzym. Hier sehen Sie eine schematische Darstellung des äußeren Abschnitts des Glykogenmoleküls, hier die 1-4-verküpften Glucose-Einheiten, hier die Verzweigungseinheiten mit der 1-6-Verknüpfung. Sie sehen, das Molekül ist stufenweise angeordnet, bis zu dem in den ganz großen Molekülen eingebetteten reduzierenden Ende. Wie ich bereits erwähnt habe, entfernt Phosphorylase die Glucose-Einheiten nacheinander entlang dieser Ketten nach unten. An der Einheit dieser Verzweigungsstelle stoppt sie schließlich und bildet ein Grenzdextrin mit kurzen Außenketten. Das nächste Dia zeigt, wie dieses Grenzdextrin aussieht. Sie sehen - das ist die Glucose-Einheit an der Verzweigungsstelle - dass es von drei Glucose-Einheiten bedeckt ist. Das Entzweigungsenzym fungiert zunächst als Transferase, kombiniert drei Glucose-Einheiten wie hier dargestellt und setzt dabei diese Glucose-Einheiten frei, die anschließend zu freier Glucose hydrolysiert werden. Die Frage ist, ob daran ein oder zwei Enzyme beteiligt sind. Das interessiert unser Labor bereits seit längerem, und insbesondere die Browns haben das Enzym umfassend gereinigt und es mit so genannten dissoziativen Proteinen behandelt. Bislang gelang es ihnen aber nicht, die Transfer-Aktivität und die hydrolytische Aktivität zu trennen - trotz intensiver Reinigung des Enzyms, nach der es praktisch hochrein war, ließen sich die beiden Aktivitäten nicht auseinander dividieren. Und so bleibt die Frage: Gibt es zwei Ketten, die schwer zu trennen sind, da sie sich selbst durch Harnstoff nicht spalten lassen, oder haben wir es mit dem ungewöhnlichen Fall eines zweiköpfigen Enzyms zu tun? Letzteres ist möglich, wenn man sich vorstellt, dass das Codewort für "Stop" zwischen zwei benachbarten Polypeptidketten wegfallen würde. Dann würde sich möglicherweise eine Kette mit zwei katalytischen Köpfen finden. Ob dem so ist oder nicht, bleibt noch zu untersuchen, aber das Problem ist interessant. Das letzte Enzym, das ich Ihnen zeigten möchte, ist das Verzweigungsenzym. Das nächste Dia bitte. Seine Grundaktivität, die Verzweigungswirkung, wurde von Lane belegt. Er baute Glykogen erstmals unvollständig ab und gab anschließend markierte Alpha-Ketten-Einheiten zu. In dieser Struktur hier sind die 1-6-Einheiten nicht markiert. Bei Zugabe des Verzweigungsenzyms spaltet dieses jedoch die 1-4-Einheit ab und hängt die 1-6-Einheit an. Der Beleg hierfür ist, dass diese Verzweigungseinheiten nun mit Kohlenstoff 14 markiert sind. Das ist also der grundlegende Wirkmechanismus. Zwar kennt man bereits nähere Einzelheiten, ich möchte dieses Thema aber nicht weiter vertiefen, sondern lediglich sagen, dass die Wirkmuster der Leloir-Synthetase und des Verzweigungsenzyms die Strukturmerkmale von Glykogen erklären. Das detaillierte Wissen über diese Enzyme ist nicht nur für das Verständnis ihrer Regulierung von Bedeutung, sondern auch für das Verständnis bestimmter Erbkrankheiten beim Menschen. fehlen erwiesenermaßen alle vier Enzyme bzw. liegen nur in geringer Konzentration vor. Wir haben nicht genügend Zeit, um uns mit diesen genetischen Erkrankungen zu beschäftigen, ich möchte Ihnen aber ein oder zwei Beispiele geben. Fehlt das Entzweigungsenzym, kann der innere Kern des Glykogens nicht abgebaut werden, da die Phosphorylase die Verzweigungsstellen nicht umgehen kann. Der innere Kern des Glykogens sammelt sich daraufhin in den Geweben an. Die Krankheit lässt sich einfach mit Hilfe einer Strukturanalyse des Glykogens diagnostizieren - die Alpha-Ketten des Glykogens sind hier ungewöhnlich kurz. Die Struktur ähnelt der des Grenzdextrins, das ich Ihnen gezeigt habe. Fehlt andererseits das Verzweigungsenzym oder liegt es nur in geringer Konzentration vor - eine genetische Störung, die relativ selten ist - wird die Glykogenkette ungewöhnlich lang. Die Jodfarbe ist jetzt violett bis bläulich wie die von Stärke oder Amylopektin, der Verzweigungskomponente der Stärke, und nicht burgunderrot wie bei Glykogen. Dies sind nur zwei Beispiele, bei denen detailliertes Wissen über Enzyme erforderlich ist, um Pathologien zu verstehen. Mir fehlt aber die Zeit, mich weiter damit zu befassen; ich möchte vielmehr über die Regulierung des Glykogenmetabolismus sprechen. Zunächst möchte ich allgemein anmerken, dass die Bedeutung von Regulierungsmechanismen in der Biologie und Medizin enorm zunimmt. Sie sind jedoch schwer zu untersuchen. Theoretisch sollten sämtliche Versuche an intakten Geweben durchgeführt werden; dies schränkt die experimentellen Möglichkeiten jedoch stark ein. Die andere Schwierigkeit sind die Fehler, die mit der Extrapolation von in vitro- auf in vivo-Bedingungen, d.h. vom Reagenzglas auf die Funktion der Enzyme innerhalb der Zellorganisation einhergehen können. Ich möchte Ihnen diese spezielle Schwierigkeit anhand von Phosphorylase und ihrer Funktion bei der Muskelkontraktion zeigen. Ich erläutere Ihnen nun die Regulierung im Muskel. Kann ich bitte das nächste Dia haben? Wir sehen hier, dass Phosphorylase zwei Formen annehmen kann, Phosphorylase b und a. Die b-Form wird durch eine spezifische Phosphorylase b-Kinase in die a-Form umgewandelt; dabei wird eine Phosphat-Gruppe an einen der Serinreste in der Polypeptidkette angehängt. Die Konvertierung zurück in die b-Form erfolgt mittels einer Phosphatase, die speziell diese Phosphatgruppen eliminiert. Beide Formen des Enzyms befinden sich in einem Tetramer-Dimer-Gleichgewicht, auch wenn die a-Form etwas öfter ein Tetramer bildet als die b-Form. Dieses Tetramer-Dimer-Gleichgewicht könnte bei der Regulierung eine Rolle spielen, da das Dimer in beiden Formen katalytisch wesentlich aktiver ist als das Tetramer. Es ist jedoch schwierig zu eruieren, in welcher Form die Enzyme im Gewebe vorliegen, da dieses Tetramer-Dimer-Gleichgewicht von einer Reihe von Faktoren abhängt, die man in der intakten Zelle nicht kennt. Im ruhenden Muskel liegt die gesamte Phosphorylase in der b-Form vor. Dies zu belegen bedurfte es einer Spezialtechnik, da Kinase und Phosphatase unglaublich schnell agieren. Daher waren spezielle Fixierungs- und Extraktionstechniken notwendig. Sofern sie nicht mit Adenylsäure in Kontakt kommt, ist die b-Form sowohl als Dimer als auch als Tetramer katalytisch vollkommen inaktiv. Die Aktivierung der b-Form durch Adenylsäure erfolgt durch eine allosterische Modifikation des Enzyms; dabei erwirbt das Enzym eine größere Affinität für sein Substrat Glykogen und anorganisches Phosphat. Diese Aktivierungswirkung der Adenylsäure (AMP) wird durch das in Geweben vorliegende Adenosindiphosphat (ADP) und Adenosintriphosphat (ATP) vollständig inhibiert. Die a-Form unterscheidet sich von der b-Form dadurch, dass sie überhaupt katalytisch wirksam ist. Zwar wird sie ebenfalls durch Adenylsäure beeinflusst, weist aber auch ohne Kontakt mit Adenylsäure eine Aktivität auf und wird weder von ADP noch ATP inhibiert. Auf der Grundlage dieser detaillierten Informationen wird das Enzym nunmehr seit 30 Jahren von zahlreichen Wissenschaftlern untersucht. Da man natürlich die Michaelis-Konstante (Km) der Substrataktivatoren und -inhibitoren sowie die Konzentrationen in vitro kennt, sollte man in der Lage sein, ein in vitro-Modell zur Erklärung der Muskelaktivität zu rekonstruieren, bei dem natürlich die Phosphorylase-Aktivität ansteigen und Glykogen abgebaut werden muss. Das nächste Dia stellt einen solchen Versuch einer Modellrekonstruktion dar. Sie sehen hier die Geschwindigkeit des Enzyms, die bei voller Aktivität 100% erreicht. Hier haben wir die Konzentration von anorganischem Phosphat. Der Pfeil stellt die Konzentration von anorganischem Phosphat in einem ruhenden Froschmuskel dar, die Konzentration im intrazellulären Wasser, wobei die Berechnung nicht für die externe Konzentration, sondern die Konzentration im intrazellulären Wasser erfolgte. Der Pfeil zeigt die Normalkonzentration an. Die oberste Kurve stellt die Annahme dar, dass das Enzym mit dem ohnehin im Überschuss vorhandenen Glykogen in Kontakt steht. Wie Sie sehen, befindet es sich in den Zwischenräumen und steht mit anorganischem Phosphat und Adenylsäure, die im Muskel in einer Konzentration von 0,5 Millimol, also etwa dem 10-Fachen des Km-Werts des Enzyms vorliegt, in Verbindung. So kann die Situation im Muskel aber nicht aussehen, denn wenn die Konzentration an anorganischem Phosphat während der Stimulation zunähme, gäbe es nur einen ganz geringen Anstieg der Phosphorylase-Aktivität von hier nach hier. Wir wissen aber von der Milchsäurebildung, dass der Glykogenabbau bei der Stimulation um mindestens das das 10- oder 20-Fache ansteigt. Die zweite Kurve stellt die Annahme dar, dass das Enzym nicht nur mit Adenylsäure, sondern auch mit ATP - 10 Millimol, de facto die Summe aus dem im Muskel vorliegenden ATP und ADP - in Verbindung steht. Hier sehen Sie eine S-förmige Kurve, die sich in einem Hill-Koeffizienten von 2 ausdrückt. In diesem Fall haben wir zumindest eine realistisch geringe Aktivität im ruhenden Muskel bei dieser Konzentration an anorganischem Phosphat. Sie sehen aber auch, dass für einen Anstieg der Aktivität sehr starke Konzentrationsänderungen erfolgen müssten. Anorganisches Phosphat müsste sich verdreifachen, ATP und ADP müssten sinken. Zusammen mit Dr. Helmreich, der lange Jahre mit mir in St. Louis gearbeitet hat und heute in Würzburg tätig ist, habe ich genauestens untersucht, inwiefern sich die Konzentrationen in diesen Reaktanten ändern. Wir fanden z.B. heraus, dass die Lactatbildung bei Stimulation des Froschmuskels mit 18 Stromstößen/Kontraktionen pro Minute über 30 Minuten um das 30-Fache anstieg. Wir konnten keine ausreichenden Konzentrationsänderungen bei diesen Reaktanten feststellen, die einen solchen Anstieg der Phosphorylase-Aktivierung erklären könnten, so dass wir zu dem allgemeinen Schluss kamen, dass die allosterische Regulierung alleine - Sie sehen, das ist ein Ausdruck für die Kooperativität der Untereinheiten der Phosphorylase b - die Steuerung der Glycolyse bei der Muskelkontraktion nicht erklären kann. Das in vitro-System, das wir auf der Grundlage all dessen, was wir über das Enzym wissen, entwickelt haben, scheint für die Darstellung der Vorgänge bei der Muskelkontraktion und die Erklärung der Geschehnisse im intakten Muskel unzureichend zu sein. Lassen Sie uns also schauen, warum das so ist. Was geschieht im intakten Muskel? Das nächte Dia bitte. Dies hier ist eine schematische Darstellung, die Folgendes zeigt: Die Myofibrillen, ein Röhrensystem, den mitochondrialen Raum, in dem die chemischen Vorgänge stattfinden, und hier die Blutbahn. Wir können natürlich den Froschmuskel isolieren, dann haben wir kein Problem mit der Glucosepenetration. Wir können das System auch anaerob machen und so die Mitochondrien entfernen. Grundsätzlich werden bei der Weiterleitung eines Nervenimpulses aber Calciumionen freigesetzt, die in die Myofibrillen diffundieren, wo sie die Myosin-ATPase aktivieren. ATP wird zu ADP abgebaut und der Muskel zieht sich zusammen. Jetzt muss ATP rückgewonnen werden, um die Maschinerie am Laufen zu halten. Dies erfolgt mit Hilfe dieses Multienzymsystems hier, das mit dem Abbau von Glykogen durch Phosphorylase beginnt. Im Anschluss daran erfolgen weitere Schritte und Pyruvat wird unter anaeroben Bedingungen zu Lactat oder unter aeroben Bedingungen oxidiert. Im Grunde genommen haben wir es mit einem Mechanismus zur Wiedergewinnung von ATP während der Muskelkontraktion zu tun. Daraus folgt, dass die Phosphorylase-Aktivität in gewisser Weise am Zyklus der Muskelkontraktion/-entspannung ausgerichtet sein muss. Ausgehend von dem, was wir über die Beziehung zwischen Lactatbildung und Muskelkontraktion wissen, würde man erwarten, dass die Phosphorylase-Aktivität bei der Kontraktion rasch angeschaltet und danach rasch abgeschaltet würde. Man würde auch erwarten, dass die Phosphorylase-Aktivität und die Kontraktionsgeschwindigkeit in irgendeiner Form proportional zueinander sind. Nachdem es sich als schwierig erwiesen hatte, diese Systemeigenschaften durch allosterische Steuerung zu erklären, untersuchten wir, ob möglicherweise die reversible Umwandlung von Phosphorylase b in Phosphorylase a und umgekehrt die gewünschten Merkmale aufweisen könnte. Sie erinnern sich, dass Phosphorylase b an sich inaktiv ist und mit Adenylsäure in Kontakt kommen muss, Phosphorylase a aber ohne Aktivierung aktiv ist. Wir gingen also von der Annahme aus, dass Phosphorylase b, so wie sie im lebenden Muskel vorliegt, in der Tat praktisch inaktiv ist, so dass nur sehr wenig Lactat entsteht. Natürlich kann man die anaerobe Lactatbildung, also die Wirkgeschwindigkeit der Phosphorylase in einem isolierten Froschmuskel messen; wie wir wissen, ist sie sehr gering. Wir gingen weiterhin von der Annahme aus, dass die a-Form der Phosphorylase die aktive Form ist. Die nächste Experimentreihe hatte also mit der Exploration dieser Möglichkeit in einem kontrahierenden Muskel zu tun und wurde zur Gänze von Dr. Helmreich durchgeführt. Auf dem nächsten Dia sind die Sekunden dauernde Stimulation eines isolierten anaeroben Schneidermuskels eines Frosches sowie der Prozentsatz des in der a-Form vorliegenden Enzyms dargestellt. Am Anfang liegt die gesamte Phosphorylase in der b-Form vor; dann erfolgt eine mehrsekündige Stimulation, in diesem Fall eine Tetanus-Stimulation. Bei 30 Grad wird innerhalb von einer Sekunde praktisch die gesamte b-Form in die a-Form umgewandelt. Erfolgt das Experiment bei 10 Grad - Frösche können bei 10 Grad schwimmen, sie können sogar in Eiswasser schwimmen, es ist also völlig in Ordnung, den Muskel eines Kaltblüters bei verschiedenen Temperaturen zu testen - erhalten wir diese Kurve hier. Jeder Punkt ist ein zum Zeitpunkt der stärksten Kontraktion fixierter einzelner Muskel. Das sind die einzelnen Stromstöße bei 10 Grad. Es besteht also kein Zweifel, dass Phosphorylase b durch diese relativ starke Tetanus-Stimulation rasch in die a-Form umgewandelt werden kann. Die plötzliche Phosphorylierung von Phosphorylase b zu a, das ist, wenn man so möchte, als ob man einen Schalter anmacht. Hier lässt sich eine einzelne enzymatische Reaktion unter perfekt normalen Bedingungen in einem intakten Gewebe untersuchen. Das nächste Dia stellt den Abbau von Phosphorylase a dar. Hier wieder die prozentuale Phosphorylase a, hier die Sekunden nach der Stimulation. Wir stimulierten zunächst den Muskel über 1 oder 2 Sekunden; de facto bedeuten die leeren Kreise eine 2-sekündige, die schwarzen eine 4-sekündige Stimulation. Das genügt, um den Großteil von b in a umzuwandeln. In der Ruhephase erfolgen der Abbau und die Rückkehr zum Ruheniveau, wo keine Phosphorylase a vorliegt. Das hier ist bei 30 Grad, das bei 10 Grad. Man erkennt also, dass das System rasch an- und ausgeschaltet werden kann. Lassen Sie uns als nächstes überlegen, was das bedeuten könnte. Nehmen wir an, dass während der Kontraktion etwas Phosphorylase a entsteht und ein Teil davon während des Rückgangs der Kontraktion wieder entfernt wird, so dass ein Gleichgewicht zwischen den beiden Enzymen entsteht. Während der Stimulation muss die Kinase sehr aktiv sein; in der Ruhephase kehrt sie in den Ruhezustand zurück und die Phosphatase übernimmt. Dies wird durch die bekannten Eigenschaften der insbesondere von Edwin Krebs untersuchten Phosphorylase-Kinase gestützt. Die Phosphorylase-Kinase, wie sie aus einem ruhenden Muskel extrahiert wird, liegt in inaktiver Form vor. Auch dieses Enzym existiert in einer Diphosphor- und einer Phosphorform, so dass sich mit diesem System ein inaktives in ein aktives Enzym umwandeln lässt. Ich möchte Ihnen noch mehr über die Aktivierung der Kinase bei der Muskelkontraktion erzählen. Vor allem möchte ich einen besonders wichtigen Punkt erwähnen, den Edwin Krebs erst kürzlich zeigen konnte, nämlich die Tatsache, dass die Phosphorylase-Kinase für ihre Aktivität Calciumionen in sehr geringer Konzentration - in der Größenordnung von 10^-7 bis 10^-6 Mol - benötigt. Drittens muss in dem System, wie ich vorhin angekündigt habe, eine gewisse Proportionalität zur Stimulationsrate existieren. Wir haben dies mit Hilfe einzelner Stromstöße getestet. Bitte das nächste Dia. Bei der Stimulation mit einzelnen Stromstößen, in diesem Fall 3 pro Sekunde - Dauer der Stimulation in Sekunden, prozentuale Phosphorylase a - sehen wir eine kurze Latenzphase und erreichen dann ein Plateau. Wir gehen davon aus, dass dieses Plateau ein Gleichgewicht zwischen der durch die Stimulation angeregten Kinase-Aktivität und der Phosphatase-Aktivität darstellt. Tatsächlich stellten wir fest, dass die Plateauhöhe zur Stimulationsrate über einen 10-fachen Bereich proportional ist. Das ist im nächsten Dia dargestellt. Ich weiß nicht, ob Sie diese Zahlen lesen können oder nicht; jedenfalls liegen weniger als 5% der Phosphorylase in der a-Form und 95% in der b-Form vor. Das steady-state-Niveau der Phosphorylase a, bei der wir dieses Gleichgewicht zwischen den beiden entgegen gesetzten Enzymen vermuten, steigt mit zunehmender Stimulationsrate stetig an. Wir denken daher ganz allgemein, dass dieses System, die Umwandlung von b nach a, ein Faktor bei der mechanochemischen Muskelkopplung sein könnte, bei der laut unserem Postulat das Phosphorylase-System als Schrittmacher des Multienzymsystems der Glycolyse dient. Wie wichtig diese Umwandlung für die Energiegewinnung im kontrahierenden Muskel ist, konnte durch Experimente an einem von Lyon entdeckten Mäusestamm, dem Phosphorylase b-Kinase fehlt, beantwortet werden. Das nächste Dia bitte. Kurve c bezieht sich auf einen normalen Muskel einer Maus. Wenn wir diesen isolieren und stimulieren, stellen wir fest, dass auch hier Phosphorylase b in Phosphorylase a umgewandelt wird; hier sehen sie die Sekunden. Nach einer Latenzphase beginnt ein sehr rascher Glykogenabbau. Bei derselben Stimulation des kinase-losen Muskels i aus dem i-Mausstamm kontrahiert der Muskel wie in dem anderen Experiment zwar perfekt, wir sehen aber keinen Phosphorylase a-Anstieg. Beim Glykogenabbau beobachten wir nicht nur eine Verzögerung, sondern auch eine wesentlich geringere Geschwindigkeit, die insgesamt nur 1/3 des Normalwertes beträgt. Es muss allerdings betont werden, dass hier irgendein Mechanismus zur Aktivierung von Phosphorylase b existiert, da kein a gebildet wird, das Glykogen abbauen könnte. Das ist vielleicht auch nicht überraschend. Der wichtigste Punkt ist aber, dass dieser b-nach-a-Mechanismus Vorteile mit sich gebracht haben muss. Die kinase-losen Mäuse erscheinen unter den geschützten Laborbedingungen normal, in der Wildnis, so würde man erwarten, sollte der Kinase-Mechanismus aber einen selektiven Vorteil verleihen, der z.B. bei Bedrohung durch Raubtiere eine rasche und intensive Energieleistung ermöglicht. Befassen wir uns nun mit den Mechanismen; sie sind im nächsten Dia dargestellt, das die neuesten Ergebnisse von Sutherland, Krebs, Littman und anderen zusammenfasst. Es geht hier um das Enzym Cyclase, das durch eine Reihe von Hormonen aktiviert wird, im Muskel durch Adrenalin, in der Leber durch Glucagon. Sie binden sich an bestimmte Rezeptorstellen auf der Zelloberfläche. Das Target des von Cyclase hergestellten cyclischen AMP ist eine ebenfalls von Krebs entdeckte Protein-Kinase, die früher Kinase-Kinase hießt, heute aber als Protein-Kinase bezeichnet wird, weil sie eine Reihe verschiedener Proteine phosphoryliert. Sie phosphoryliert z.B. das Leloir-Enzym, die Synthetase, so dass diese ebenfalls in der Phosphor/Diphosphor-Form vorliegt. Sie phosphoryliert außerdem Kinase, die in der Diphosphor- und Phosphor-Form vorliegt. Hier sehen Sie die Kinase, die auch durch Calciumionen aktiviert wird. Die Frage ist, ob während der Muskelkontraktion ein cAMP-Mechanismus zur Anwendung kommt oder dieser umgangen wird und die Aktivierung direkt durch Calcium erfolgt. Die Antwort ist, dass es bei der Muskelstimulation nicht zu einem Anstieg des zyklischen AMP kommt. Wir wissen außerdem, dass die Diphosphor-Form spontan phosphorylierend wirken, aber auch mit Hilfe von ATP autophosphorylieren kann. Diese Reaktion wird durch Einstellung des pH-Werts der Lösung auf 8,5 beschleunigt. Dies geschieht natürlich nicht in vivo, dort wird die Reaktion jedoch durch Calciumionen stark beschleunigt. Es wird vermutet, dass bei Zugabe von Hormonen diese Enzymkaskade durchlaufen wird. Bei Stimulation erfolgt dagegen die Aktivierung durch Calcium. Die aktive Kinase entsteht durch Phosphorylierung, bei der b in a umgewandelt wird; dann beginnt der Glykogenabbau. Das könnte der Punkt sein, an dem eine Kopplung zwischen der Muskelkontraktion und der chemischen Maschinerie, die zur Regeneration des ATP in Gang gesetzt werden muss, erfolgt. Das könnte der Grund sein, warum diese spezielle Kinase existiert. An diesen Punkt könnte es zu einer solchen mechanochemischen Kopplung kommen. Bislang haben wir die Regulierung des Glykogenabbaus im Muskel, insbesondere im Zusammenhang mit der Kontraktion diskutiert. Die Blutglucose muss auf der Zelloberfläche eine Permeabilitätsbarriere überwinden und steht nicht einfach wie Glykogen als Brennstoff für die Muskelarbeit zur Verfügung. Wir wissen das, da bestimmte Menschen, deren Muskeln keine Phosphorylase aufweist - auch das eine genetische Störung - bei normalem Blutzuckerspiegel nur eine sehr geringe muskuläre Leistung zeigen. Sie können nur sehr wenig Muskelarbeit leisten, dann treten bei ihnen schwere Muskelkrämpfe auf und sie müssen ihre jeweilige Aktivität beenden. Sie wissen von klein auf, dass sie keinen Sport treiben können. Der Muskel ist also eindeutig eine Maschine mit speziellen metabolischen Anforderungen. Andere Organe haben andere metabolische Anforderungen; aus diesem Grund unterscheiden sie sich in ihren regulatorischen Steuermechanismen. Sofern mir noch Zeit bleibt, würde ich jetzt gerne etwas über die Regulierung in der Leber erzählen, also den Abbau von Glykogen in der Leber. Könnten Sie bitte das Dia wegnehmen? Der Glykogenabbau in der Leber und die Bildung der Blutglucose werden vom Phosphorylase-System gesteuert. In der Leber gibt es Enzyme, die Glucose-1-phosphat in Glucose-6-phosphat umwandeln, und es gibt eine Phosphatase, die Glucose-6-phosphat in Glucose und anorganisches Phosphat spaltet. Soweit der Mechanismus. Im Muskel fehlt die Diphosphatase, weswegen Glykogen weiter zu Lactat abgebaut wird. Der Steuermechanismus des Glykogenabbaus in der Leber und im Muskel basiert allerdings auf der Phosphorylase, wobei sich die Leberphosphorylase als Protein von der Muskelphosphorylase unterscheidet - sie wird von einem anderen Gen gesteuert. Es existieren noch zwei weitere Formen der Leberphosphorylase, die durch die Wirkung einer Kinase und einer Phosphatase ineinander umgewandelt werden können. Die Diphosphor-Form der b-Form unterscheidet sich von der im Muskel dadurch, dass sie durch Adenylsäure (AMP) kaum stimuliert wird. Bislang wurde kein anderer Aktivator in der Leber gefunden, so dass man davon ausgeht, dass die b-Form in der Leber die inaktive Form ist. Der Hauptmechanismus zur Aktivierung der Phosphorylase in der Leber ist mit dem durch die Kinase gebildeten Phosphor konvergent. Die Glykogen-Synthetase von Leloir, die ich bereits erwähnt habe, liegt ebenfalls in zwei enzymatisch ineinander umwandelbaren Formen vor, gesteuert von der zuvor genannten Protein-Kinase und einer spezifischen Phosphatase. Hier zeigt sich ein sehr wichtiger Unterschied zwischen dem Phosphorylase- und dem Synthetase-System. Bei der Glykogen-Synthetase ist die Diphosphor-Form die aktive und die Phosphor-Form die inaktive Form; bei der Phosphorylase ist es genau umgekehrt. Die Bedeutung dieser Tatsache wird bei Betrachtung der Wirkung von Glucagon, Adrenalin und anderen Hormonen auf die beiden Systeme klar. Glucose-6-phosphat dient als allosterischer Aktivator der Glykogen-Synthetase, genau wie Adenylsäure als Aktivator für die Phosphorylase dient. Wie stark die Enzymaktivität durch physiologische Veränderungen der Konzentration von Glucose-6-phosphat, der anorganischen Phosphase in Uridindiphospatglucose moduliert wird, ist noch nicht abschließend geklärt. Mit anderen Worten, auch hier tauchen Zweifel auf, ob die allosterische Enzymmodifikation, die allosterische Steuerung der Hauptmechanismus ist. Heute denkt man eher, dass das System durch einen Schaltmechanismus angeschaltet und dann moduliert wird, so wie ein Rheostat die Helligkeit einer Lampe, die man angeschaltet hat, moduliert. Daraus würde das folgen, was wir gesagt haben: Die Phosphorylase und die Synthetase sind zwar die Haupteffektoren, die den Glykogenspiegel in den Geweben steuern, die Targets der regulatorischen Steuerung müssen aber die Kinasen und Phosphatasen sein, die die Phosphorylase und Synthetase von der inaktiven in die aktive Form umwandeln. Das nächste Dia bitte. Ich hoffe, Sie können das Dia aus der Entfernung erkennen; es fasst die neuesten Erkenntnisse zusammen. Wir haben hier Phosphorylase und hier Synthetase; beide Enzyme haben wir mit ba gekennzeichnet. b ist in diesem Fall die inaktive Form, a die aktive Form. Sie sehen, dass Kinase im Fall der Phosphorylase die inaktive in die aktive Form umwandelt, die Protein-Kinase im Fall der Synthetase aber das Gegenteil tut, wenn sie das Enzym, das a in b bzw. die aktive in die inaktive Form umwandelt, phosphoryliert. Bei der Phosphatase ist es wiederum umgekehrt: sie inaktiviert Phosphorylase und aktiviert Synthetase. Untersuchen wir also die Wirkung dieser beiden Systeme auf Kinase und Phosphatase. Bei Zugabe von Adrenalin oder Glucagon aktivieren wir die Cyclase und es entsteht mehr zyklisches AMP. Wie Sie in einem der vorherigen Dias gesehen haben, werden dadurch die Kinase der Phosphorylase und die Kinase der Synthetase aktiviert. Das bedeutet, dass die Phosphorylase angeschaltet und die Synthetase ausgeschaltet wird. Dieses System verhindert also einen sinnlosen Zyklus; das durch Phosphorylase erzeugte Glucose-1-phosphat würde durch die Synthetase wieder in Glykogen umgewandelt werden. Durch diesen Mechanismus der Aktivierung des einen und Inaktivierung des anderen Systems wird dies verhindert. Deshalb führen Adrenalin und Glucagon zu einem raschen Glykogenabbau. Nun zu den Calciumionen. Wie ich erwähnt habe, sind sie der spezifische Aktivator der Phosphorylase-Kinase und für deren Wirkung sowie die Kopplung zwischen Kontraktion und chemischen Vorgängen im Muskel notwendig. Wie Fischer bei den das Enzym absorbierenden Glykogenpartikeln feststellte, hemmen sie die Phosphatase, allerdings nicht in vitro. Die beiden nächsten Substanzen, Glykogen und Glucose, müssen diese Enzymsysteme ebenfalls in irgendeiner Weise steuern. Diesbezüglich hat man einige interessante Dinge herausgefunden. Das nächste Dia bitte. Es handelt sich hier um Experimente von Danforth; sie sind ganz einfach und doch sehr aufschlussreich. Hier sehen Sie den Glykogengehalt eines Frosch-Schneidermuskels, hier die prozentuale Phosphorylase a, die man bei der Stimulation erhält, wie Sie in den vorherigen Experimenten - der Stimulation mittels einzelner Stromstöße - gesehen haben. Sie erkennen, dass es eine klare Korrelation zwischen dem Grad, bis zu dem das Phosphorylase-System aktiviert wird, und der ursprünglich vorhandenen Glykogenmenge gibt. Je mehr Glykogen ursprünglich vorhanden ist, umso stärker wird das Phosphorylase-System angeschaltet. Das lässt sich auch durch Vorbehandlung des Muskels mit Epinephrin zeigen. Hier erscheint dieselbe Kurve, dieselbe Korrelation zwischen dem ursprünglichen Glykogenspiegel und dem Grad des Abbaus bei Stimulation. Das nächste Dia bitte. Hier handelt es sich ebenfalls um ein in vivo-Experiment. Sie sehen die Korrelation zwischen dem Synthetase i-Spiegel - das ist die von Lane verwendete Nomenklatur, die unabhängige Form, die aktive Form - und dem Glykogengehalt des Muskels. Bei einem niedrigen Glykogenspiegel liegt die aktive Synthetase in einer höheren Konzentration vor; mit zunehmendem Glykogengehalt nimmt die Konzentration der Synthetase i zu und die der aktiven Synthetase sinkt immer weiter. Dies geschieht übrigens auch beim i-Mausstamm, der keine Phosphorylase-Kinase besitzt. Bezüglich der Protein-Kinase verhalten sich diese Tiere aber völlig normal. Wir haben es hier also mit einer Art Rückkopplungsmechanismus zu tun. Die Fakten deuten darauf hin, dass es ein in vitro-Korrelat dieser Ergebnisse gibt, da Glykogen in vitro Phosphorylase-Kinase beschleunigt und Synthetase-Phosphatase hemmt. Diese Beobachtungen wurden von Krebs bzw. Lane gemacht. Was wir sehen, ist also ein Rückkopplungsmechanismus: Bei einem hohen Glykogenspiegel wird das System vom Glycogenspiegel selbst gesteuert; auf diese Weise wird letztlich der Glykogenspiegel im Gewebe festgelegt. Der Rückkopplungsmechanismus arbeitet also folgendermaßen: Bei einem hohen Glykogenspiegel bewegt sich das System in Richtung Abbau, bei einem niedrigen Glykogenspiegel in Richtung Synthese. Ähnliche Erkenntnisse wurden kürzlich im Hinblick auf die Glucose gewonnen. Bitte das nächste Dia, das letzte. Diese Daten stammen aus der Schule des belgischen Biochemikers Hers. Wir verstehen jetzt, warum Glykogen im Muskel seinen eigenen Spiegel durch Beschleunigung der Kinase und Inhibition der Phosphatase steuern kann. Ist der Glykogenspiegel hoch, wird mehr Phosphorylase a gebildet. Ist er niedrig, wird die Phosphatase inhibiert. Auf diese Weise wird mehr Enzym in der aktiven Form gehalten. Glucose tut anscheinend Folgendes: Injiziert man einem Tier Glucose, kommt es nach einer Latenzphase von einigen Minuten zu einer raschen Glykogensynthese, und zwar trotz der Tatsache, dass der Phosphorylasegehalt, die potentielle Aktivität der Phosphorylase in der Leber bekanntermaßen etwa 10 Mal höher ist als die der Synthetase. Injiziert man einem Tier Glucose, bildet sich das Leberglykogen mit einer Rate von 1% pro Stunde. Es muss also auch hier einen Steuermechanismus für die Glucose geben. Natürlich könnte man an Insulin denken, doch es ist sehr umstritten, ob diese Glucosewirkung auf Insulin beruht oder nicht. Die Hers-Schule sagt nein, die Lane-Schule ja. Hier sehen wir erneut die Schwierigkeiten beim Verständnis der Regulierung. Die Hers-Schule sagt jedenfalls, dass bei Glucoseinjektion im Anschluss an eine Latenzphase diese rasche Synthese erfolgt, weil Glucose in vivo und in vitro die Phosphorylase-Phosphatase, d.h. die Umwandlung von der aktiven in die inaktive Form beschleunigt. Es hat sich zudem herausgestellt, dass Phosphorylase a in vitro diese Phosphatase hemmt. Das ist nicht weiter überraschend, da die Aminosäurezusammensetzung in der Umgebung des Serinrestes mit dem Phosphat in Phosphorylase und Synthetase sehr ähnlich ist. Infolge dieser ähnlichen Struktur kann sie als konkurrierender Inhibitor, als Phosphatase-Inhibitor fungieren. Nach Injektion von Glucose, Beschleunigung von Phosphatase und Eliminierung von Phosphorylase a wird Synthetase freigesetzt, die Glykogen synthetisiert. Soweit etwa können wir die Synthese zum jetzigen Zeitpunkt nachvollziehen. Sie sehen, dass noch einige Punkte geklärt werden müssen, insbesondere die Wirkung des Insulins. Man weiß natürlich, dass Insulin den Glucosetransfer durch die Membran unterstützt, aber auch dieser andere Effekt wäre möglich. Dafür wäre jedoch eine intrazelluläre Insulinwirkung erforderlich. Lässt sich der Mechanismus durch Insulin erklären oder nicht? Das ist eine Frage. Vor einigen Monaten behaupteten Iliano und Cuatrecasas in einem Artikel in Science, dass es ihnen gelungen sei, ein Leberzellmembran-Präparat herzustellen, und sie festgestellt hätten, dass die Zugabe von sehr kleinen Mengen Insulin zu diesem Membranpräparat eine antagonistische Wirkung auf den Stimulationseffekt von Adrenalin und Glucagon hat. Natürlich führt Glucagon zu einem Anstieg des zyklischen AMP, doch die Gegenwart von Insulin wirkt diesem Effekt entgegen. Es scheint also klar, dass für ein vollständiges Verständnis der zellulären Regulierung des Glykogenmetabolismus trotz der bisherigen jahrelangen Arbeit daran auch weiterhin intensiv in diesem Bereich geforscht werden muss. Ich möchte Ihnen nun eine kurze Zusammenfassung geben, die die wichtigsten Punkte meines Vortrags auflistet. Mein Ziel ist es, die Regulierung des Glykogenmetabolismus im Muskel und in der Leber auf der Ebene der Zellorganisation zu diskutieren, wobei die Betonung auf Zellorganisation liegt. Die beiden wichtigsten auf Glykogen wirkenden Enzyme, Phosphorylase und Synthetase, existieren in einem dynamischen Gleichgewicht zwischen einer inaktiven und einer aktiven Form. Die Umwandlung ineinander hängt von der Phosphorylierung bzw. Diphosphorylierung eines Serinrestes ab, die durch spezifische Kinasen und Phosphatasen katalysiert werden. Dies kann als kovalente Steuerung bezeichnet werden. Die allosterische Steuerung wird dadurch ermöglicht, dass die aktiven Formen der beiden Enzyme eine höhere Affinität für Substrate und Aktivatoren und eine geringere Affinität für Inhibitoren haben als die inaktiven Formen. Die Zunahme der Phosphorylase-Aktivität geht mit einem Rückgang der Synthetase-Aktivität einher und umgekehrt. Dadurch wird ein sinnloser Zyklus des Systems verhindert. Die Faktoren, die eine solche doppelte Steuerung bewerkstelligen, sind Adrenalin, Glucagon und möglicherweise auch Insulin, die auf der Ebene der Adenylatcyclase wirken, sowie Glykogen und Glucose, die auf der Ebene der Kinasen und Phosphatasen wirksam werden. Zur Aufrechterhaltung des ATP-Spiegels stellt der Muskel als Maschine bezüglich einer raschen und quantitativ bestimmten Energieleistung spezielle Anforderungen an das glycolytische System. Phosphorylase, der Schrittmacher dieses Multienzymsystems fungiert hauptsächlich über einen An/Aus-Mechanismus, der sich am Zyklus der Muskelkontraktion und -entspannung ausrichtet. Die mechanochemische Kopplung findet auf der Ebene einer speziellen Phosphorylase-Kinase statt, die durch das Einströmen von Calciumionen während der Kontraktion aktiviert und durch die Entfernung der Calciumionen während der Entspannung deaktiviert wird. Andere Steuerpunkte entlang der glycolytischen Reaktionskette ermöglichen die enge Einbindung des gesamten Multienzymsystems, so dass sich nur dann Zwischenprodukte ansammeln, wenn der Muskel durch einen Tetanus maximal stimuliert wird. Ich bin sicher, dass wir noch viel über die Regulierung lernen müssen, ohne die der Stoffwechsel nicht ordnungsgemäß funktionieren kann, und dich denke, dass sich der Fortschritt aus einem Verständnis dessen ergibt, wie Enzyme innerhalb der Zellorganisation agieren. Ich habe Ihnen eines der schwierigsten, aber auch, wie ich hoffe, vielversprechendsten Gebiete der Biochemie gezeigt.

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Carl Ferdinand Cori was born in Prague in 1896, which was then part of Austria-Hungary. In 1920, he married his wife, Gerta Theresa Cori. Just in the same year, both obtained their MD degrees from the German University of Prague. Two years later, the Coris emigrated to the United States to work as biochemists. Another twenty-five years later, the married couple received a Nobel Prize in Physiology or Medicine and Gerty Cori became the first woman to receive this prize. The two Laureates, who were both originally educated as physicians, were honored for their work in a truly biochemical field: sugar metabolism.The Coris had investigated “the course of the catalytic conversion of glycogen”. Glycogen molecules are very huge molecules (so called macromolecules) built exclusively from glucose subunits. A single glycogen molecule contains tens of thousands of glucose building blocks, which are arranged in branched chains, giving the overall molecule a tree-like structure. Glycogen resembles starch, which is found in plants, differing from it mainly by a higher degree of branching. In the human body, glycogen is used as a means of short-term energy storage. Its build-up and degradation is relatively fast and rapidly regulated. For long-term storage, however, fat is the energy container of choice: a gram of fat stores around six times more bio-accessible energy compared to a gram of glycogen [1]. In the present lecture, Cori gives an exhaustive and rather technical review of the current state of knowledge with regards to glycogen research. He considers the enzymes required for glycogen build-up and degradation as well as their regulation through messenger molecules. In doing so, he also addresses a still highly topical problem in biochemical research: the need for sufficiently simple, but realistic model systems, which allow for the investigation of regulation mechanisms. Such models should ideally make use of intact tissue, Cori says. However, it is naturally a very difficult task to simulate the biochemical conditions inside a living organism with isolated tissue samples. Or, in more technical terms: the extrapolation from in vitro to in vivo conditions is highly prone to systematic errors. Some of the open questions Cori raises during his talk have been answered in the years to come. He explains, for instance, that glycogen is degraded by two enzymes. One of these enzymes, phosphorylase, degrades linear glucose chains, but cannot proceed once it reaches a branching point. Here, it leaves behind a residue of four glucose units. At this point, the second enzyme, the so-called debranching enzyme, resolves the branch, by first transferring three of the four remaining glucose units to another branch (glucosyltransferase activity) and then cleaving the remaining glucose unit (glucosidase activity). Thus a new linear glucose chain is exposed and may be degraded further by phosphorylase. At the time of Cori’s talk, it was not clear whether the debranching enzyme can perform its two functions because it is a single, multifunctional enzyme or because it is actually two enzymes, which could just not be separated yet. From protein structures obtained via x-ray crystallography, we now know, that the answer depends on the organism studied: in mammals and fungi, a single, multifunctional enzyme performs debranching of glycogen. In a number of bacteria, two individual enzymes share the tasks [2].The present lecture is the first of two lectures Cori ever gave in Lindau and the only one dedicated to the area of research that led to the award of the Nobel Prize. In his next lecture, held in 1975, Cori talks about the biochemical consequences of mutations due to radiation in mice. David Siegel[1]B. Alberts et al., Molecular Biology of the Cell, Fifth Edition, 2008, Garland Science, New York, USA. [2]Jespersen et al., Journal of Protein Chemistry, 1993, volume 12, page 791.